Vieles spricht dafür! Aktuell erarbeiten wir eine Wachstumsstudie für eine typisch deutsche, mittelständisch geprägte Industriebranche. Sämtliche statistischen Daten und mittelfristigen Prognosen lassen eigentlich eine Branche im Niedergang vermuten. Gutachten von Banken und großen Beratungsunternehmen sehen Wachstum für diese Branche als eher unwahrscheinlich an. Vielmehr prognostizieren Sie einen weiteren Verdrängungswettbewerb, angeheizt durch eine Verschiebung der Nachfrage und gleichzeitig steigenden Importen aus Billiglohnländern.
Dennoch erneuern sich zahlreiche Unternehmen, entdecken immer wieder Möglichkeiten besser zu werden, Chancen zu erkennen und zu nutzen und sich sogar neu zu erfinden. Nicht alle – aber eine Reihe von Unternehmen gelingt dieses Kunststück in diesem Marktumfeld zu wachsen.
Im Rahmen der Studie wurden auch zahlreiche Interviews mit Geschäftsführungen und Betriebsräten geführt, die an sich Erstaunliches erkennen ließen. Der überwiegende Anteil der Akteure sieht trotz hoher Risiken, vermehrt Chancen für Wachstum und dass nach fast 15 Jahren der schleichenden Erosion.
Also der Reihe nach:
Fakt ist, dass sich die Unternehmen der Branche seit über einem Jahrzehnt in einem risikobehafteten Umfeld bewegen. Jahr für Jahr haben sie mit sinkenden Margen zu rechnen, die deutlich unter dem Schnitt produzierender Unternehmen liegen. Seit Jahren sinkt die Eigenkapitalquote und Beschäftigte werden abgebaut.
Reaktionstyp 1:
Dieser Reaktionstyp glaubt noch daran nur lange genug überleben zu müssen und sich mit Hilfe frei werdender Kapazitäten (durch Insolvenz von Konkurrenten) über Wasser zu halten. Seine Strategie ist noch preiswerter, um Druck auf andere Marktteilnehmer zu erhöhen. Eine rein defensive Haltung mit Fokus auf Abwehr und getrieben aus Angst vor Verlust!
Reaktionstyp 2:
Fast ähnelt es einem „jetzt erst Recht“. Alle Parameter des Marktes treffen auch auf diese Unternehmen zu – allerdings scheint die Angst vor Verlust kaum noch zu bestehen. Eher die Überzeugung, dass kaum noch etwas verloren gehen kann. Die Perspektive ändert sich. Es werden Potenziale zum Gewinn von Kunden und Marktanteilen gesehen. Auf Stärken wird aufgebaut. Nischen ausgeschöpft und erweitert und neue Märkte gezielt angegangen. Man ist offener für Kooperationen und strategischen Allianzen. Und gewinnt deutlich an Fahrt!
Interessanterweise stützen einige aktuelle Studien diese Reaktionstypologien – also Verhaltensmuster. Kahnemann, Nobelpreisträger für Wirtschaft hat in seinen Werk „Langsames vs. Schnelles Denken“ genau solche Reaktions- und Handlungsmuster beschrieben. A.T. Kearney untersuchte erfolgreiche Unternehmen und stellte fest, dass knapp 85 % des Erfolges für Wachstum aus dem Inneren kommt und nur 15 % auf externe Faktoren zurückgeht. Korn Ferry postulierte „den Blindflug im HR“ und wunderte sich, dass bei soviel Unvermögen immer wieder Ressourcen in Unternehmen sich so bündeln, dass Erfolg entsteht. Eine sehr aktuelle Studie hat die Macht des „Musterdenkens“ identifiziert und aufgezeigt, wie man selbst die Denkmuster verändert um erfolgreich zu sein.
Also vieles spricht dafür, dass wir Erfolg denken können. Manches verweist auf den Fakt, dass der Schmerz erst sehr groß sein muss, um anders als „bewahrend“ zu handeln.
Die Branche hat allerdings auch die Chance an Trends und technischen Entwicklungen aus anderen Wissensbereichen zu partizipieren. 3D Druck, digitale Geschäftsmodelle, serielle Unikatfertigung oder fraktale Organisationsprinzipien bieten neue Potenziale in Produkt, Prozesse und Vertrieb.
Reaktionstyp 3:
Hier haben Unternehmen bereits erkannt, dass es Potenziale gibt und öffnen sich neuen Wissensbereichen. Zumeist liegen diese noch nahe an den traditionellen Denk- und Handlungsmustern. Sie revolutionieren weder das Marketing, noch den Vertrieb oder die Produktion (etc). Sie bedeuten aber schon für das einzelne Unternehmen eine Neuorientierung und eine Abkehr vom Bekannten. Hierbei kommt es oftmals zu Problemen in der Führung. Ohne transparente Strategie und überzeugende Führung, fehlt es an Engagement und Bereitschaft aus der Mannschaft. Der gesamte Kurs ähnelt dem Prinzip „Zwei Schritte vor und einen zurück“.
Reaktionstyp 4:
An diesen Punkt wird es dann wirklich spannend. Gelingt es Unternehmen sich wirklich neu zu erfinden? Oder, ist dies eher das Feld in dem „Entrepreneure“ auf dem Markt stoßen und alteingesessenen „Playern“ das Ruder aus der Hand nehmen. Gibt es Möglichkeiten der strategischen Neuausrichtung? Was kann man tun, um die Mitarbeiter nicht in die Veränderung zu zwingen, sondern von dem Weg zu überzeugen. Gilt in diesem Fall eine vergleichbare Reaktionstypologie. Wenn ja, kann man in den vier Reaktionstypologien eine Art „generischen Prozess“ sehen und kann dieser strategisch genutzt werden?
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Udo Kiel