Bad Dürkheim, 19.11. 2015. Anlässlich eines Fachsymposiums des BDGuss und der VDG Akademie zum Thema Industrie 4.0, berichtete Udo Kiel aus einem noch laufenden Projekt mit der Firma Gienanth Eisenberg GmbH aus Eisenberg in der Pfalz. Rund 60 Geschäftsführer, Gießereileiter und Experten aus der Gießereibranche und der Gießereizulieferindustrie informierten sich über den aktuellen Stand der praktischen Umsetzung von Maßnahmen im Kontext zur Initiative Industrie 4.0. Der Hauptanteil der Vorträge behandelte die Themen Datenvernetzung und Mensch-Maschinen-Schnittstellen bzw. Automatisierung insbesondere von Transport- und Lagersystemen.
Der Beitrag der H-Faktor GmbH hingegen zielte auf das Thema Arbeit 4.0 ab. Unterstützt durch den Leiter Handform der Firma Gienanth, berichtete Udo Kiel über die Ausgangssituation, die ersten Maßnahmen, bis hin zu der vorläufigen Lösung im Handformbereich.

Ausschlaggebend war ein Anstieg von Qualitätsproblemen, die nicht eindeutig auf harte Fakten, wie technische Probleme oder Probleme mit den zentralen Betriebsmitteln, zurückzuführen waren. Gleichzeitig konnte ein Anstieg der Fehlzeiten und eine zunehmende Abweichung von der Planung festgestellt werden. Das gesamte System hatte den Anschein, aus dem „Takt“ geraten zu sein. Dabei wurde nicht annähernd so viel produziert wie zu Höchstzeiten und eigentlich war jeder der Meinung, dass unter den „normalen“ Bedingungen alles besser laufen sollte.

Fakt allerdings war, dass sich die Art der Produktion schon massiv gewandelt hat. Im Endeffekt entspricht die Produktion heute einer kundenindividuellen Serienproduktion und nicht mehr der klassischen Großserienproduktion. Dabei ist es ein Riesenunterschied, ob das System pro Woche 250 Zylinderkurbelgehäuse in 8-12 Varianten oder 200 Gehäuse in über 40 Varianten und zusätzlich 6-8 Sondertypen als Unikate durch die Produktion schleust. Eine kleine Abweichung hat da schon große Auswirkungen und kleine Abweichungen, so zeigte die Arbeitssystemanalyse, waren an der Tagesordnung.

Heute arbeiten die Mitarbeiter in teilautonomen Gruppen aber schichtübergreifend. Sie teilen sich einen Montagearbeitsplatz, planen die Schicht- und Tagesproduktion, stimmen sich mit den Vorlieferanten ab, steuern die Logistik und erfüllen gemeinsam einen „Wochenplan“. Hierfür steht den Mitarbeitern eine Software zur Verfügung, mit der Sie selbst den Ablauf planen. Das gesamte System hat sich von einem drückenden zu einem ziehenden System gewandelt.

Früher waren kleine Abweichungen die Normalität. Heute werden kleinste Schwankungen an der Quelle behoben. Auch hierfür sind die Fachkräfte „ermächtigt“, die Verursacher auf ihre fachlichen Fehler anzusprechen und ggf. vor Ort „Nacharbeit“ einzufordern. Die Kontrolle durch Vorarbeiter wurde komplett zugunsten des Facharbeiterprinzips aufgegeben. Die Gruppen sind nunmehr selbst für ihre Qualität verantwortlich und dies gilt nicht nur für das Produkt, sondern vielmehr noch für den Prozess. Dabei werden Sie ebenfalls durch ein Softwareinstrument – der Störungs- und Schwankungsdokumentation – unterstützt. Hier geben Sie am Arbeitsplatz auftretende Schwankungen ein, klassifizieren diese und unterstützen Experten aus der Instandhaltung, der AV, der Kernfertigung oder dem Modellbau bei der Fehleranalyse und –abstellung.

Das spiegelt sich ebenfalls im Lohnsystem wieder. Anstatt des alten Gruppenakkords gibt es nun einen kombinierten Leistungslohn. Neben dem quantitativen Leistungsfaktor können bis zu 10 % des Lohnes über die Qualität verdient werden. Auch hier bestimmen die Gruppen am Anfang des Monats ihren gruppenindividuellen quantitativen Leistungsfaktor und sind bei Ausschussbewertungen aktiv involviert.

Auch wird nunmehr zwischen den Facharbeitern differenziert, indem horizontale Fachkarrieren eingeführt wurden. Die Kollegen haben zwar keine personelle Weisungsbefugnis, allerdings eine fachliche – und diese ersetzt selbst das Votum der ehemaligen Vorarbeiter, nunmehr Schichtkoordinatoren. Diese hingegen fokussieren fortan ihre Leistungen auf einen Aspekt der Grenzregulation nach außen und widmen sich insbesondere Aufgabenstellungen des qualifikationsgerechten Personaleinsatzes. Für beide Hauptaufgaben, der Grenzregulation und des qualifikationsgerechten Personaleinsatzes, werden die Schichtkoordinatoren durch geeignete Software unterstützt.
Ein Wochenplanungsprogramm ermöglicht den Abgleich zwischen Auftragsbearbeitung und Personaleinsatz und unterstützt die Schichtkoordinatoren bei der Planung des Umlaufs an Leerkästen, der termingerechten Steuerung der Füller, Kernmacher und Schlichter. Zur Durchführung der Regelgespräche und zur Planung des Qualifizierungsbedarfs nutzen Sie heute ebenfalls ein kleines Softwaretool.

Die Zwischenergebnisse sind allesamt positiv. So konnte die Ausschussquote mehr als halbiert werden. Der Verlust von Kernen oder gefüllten Kästen konnte gegen 0 reduziert werden. Die Wochenplanerfüllung liegt bei 100% und die Krankenquote konnte um rund 2% reduziert werden. Die Rückmeldungen aus der Belegschaft zeugen von einer Steigerung der Motivation und des Engagements. Die Wiedereinführung des Facharbeiterprinzips, die Rückkehr zur Selbstkontrolle und Selbststeuerung und die Förderung der Selbstverantwortung – allerdings gestützt mit entsprechenden Softwaretools und Rechten – sind die Fundamente, auf denen Arbeit 4.0 aufgebaut werden kann.
Die Präsentation „Arbeit 4.0 – Die Gießereindustrie in der Pole-Position „ finden Sie unter dem folgenden LINK.

Nähere Informationen zum Projekt und den Methoden, finden Sie auf unserer Website unter dem Reiter KONKRET.

Ansprechpartner:
Udo Kiel
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